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Geschrieben 14 Tage später aus Deutschland.

Am frühen Morgen erwache ich in meiner Unterkunft in Bethlehem. Erstaunt lese ich eine Nachricht, die ich um 6: 38 Uhr von dem Eigentümer erhielt.

Raketenalarm! Dies ist keine Übung. Wenn Sie Sirenen hören, gehen Sie in den Gemeinschaftsraum Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Rakete Bethlehem erreicht, ist gering. Aber falls Sie die Sirenen hören, gehen Sie zum Badezimmerllur des Gemeinschaftsbereichs und legen Sie sich auf den Boden und bedecken Sie mit Ihren Händen Ihren Kopf.

Während ich noch über den Inhalt dieser Nachricht siniere, ertönt schon die hausinterne Sirene. Ein lauter und schriller Ton, der durch Mark und Bein fährt. Meine Bettnachbarinnen schauen irritiert. Ich springe aus dem Bett und wir laufen in Richtung der Gemeinschaftsräume, hinunter in die 2. Etage. Elias gibt Anweisungen und wir begeben uns in die Sicherheitszone. Dort hocken wir auf dem Boden und harren der Dinge. Wir spüren ein Vibrieren und hören ein dröhnendes Geräusch aus der Ferne. Wir, das sind mit mir noch 2 deutsche Frauen und ein junger Mann aus Deutschland. Der Besitzer des Hostels, ein Volontär aus Indien und 2 Männer aus Brasilien. Dann tritt Ruhe ein. Wir kehren zurück in den Gemeinschaftsraum und Elias erklärt die Situation. Es sind Raketenangriffe der Hamas aus dem Gaza. Das ist in Israel nicht ungewöhnlich. Doch diesmal ist die Situation eine andere. " Hier bahnt sich etwas Größeres an," so lauten seine Worte. Über sein Smartphone erhält er erneut eine Raketenwarnung, ruft "schnell, schnell" und wieder laufen wir in den Sicherheitsbereich.

Die Warnungen, die über die Software gemeldet werden, erfolgen nun im Minutentakt. Immer und immer wieder begeben wir uns an diesem Morgen in den Sicherheitsbereich. Sein rasch ausgesprochenes " schnell, schnell..." läßt mein Adrenalinspiegel jedesmal in die Höhe schnellen. Zwischendurch, wenn es ruhig ist, versucht er uns die Situaiton begreiflich zu machen. Es sind noch 3 Gäste, junge Männer aus Griechenland in der Unterkunft. Sie verschlafen den Sirenen und Raketenalarm und folgen erst später in den Sicherheitsbereich.

Mittlerweile bekommen wir alle aus verschiedenen informationskanälen Nachrichten zu dem Geschehen. Es heißt der Flughafen ist geschlossen. Keine An,- und Abflüge vom Ben Gurion Flughafen in Tel Aviv. Elias empfiehlt, das Haus heute nicht zu verlassen.

Die Straßen sind wie leergefegt.

Die Situation erscheint unwirklich.

Es stellt sich bald heraus, dass der Raketenangriff der Hamas ein Ablenkungsmanöver darstellte. Mittlerweile hatten sie die Sicherheitssperren überwunden, Menschen in ihren Häusern in den Kibuzzinen überfallen, verschleppt...

Wir alle sind fassungslos. Wie ist das möglich? Was passiert hier?

Die Nachrichten überschlagen sich.

Auf Reisen trage ich immer ein paar Kerzen mit mir. Ich schaue in das Licht der Kerze, versuche in der Ruhe zu bleiben und einen klaren Kopf zu bekommen. Es ist eine nie dagewesene Situation . Wie damit umgehen?

Es wurde zutiefst eingegriffen in das Leben der Menschen Israels.

Am späten Nachmittag mache ich mich auf den Weg, Gemüse und Wasser zu kaufen. Autos fahren. Aus manchen dröhnt laute Musik, andere veranstalten ein Hupkonzert. Hin und wieder begegne ich anderen Fußgängern.

Die Nacht ist ruhig. Am nächsten Morgen weitere Nachrichten über die Angriffe. Israel beginnt die Geschehnisse zu realisieren. Die Checkpoints sind geschlossen, es fahren keine Busse. Wir kommen hier nicht raus. Für Lotta, eine junge Frau aus Deutschland, beginnt am Dienstag ein Auslandssemester in Amman. Auch Tobias wartet auf den Beginn seines Auslandssemesters in Jerusalem. Die Brasilianer werden als Reiseveranstalter in der kommenden Woche in Marokko erwartet.

Am Montag dann ist für uns alle Tag der Abreise. Busse fahren wieder und auch die Grenzkontrollen sind stellenweise geöffnet. Beim Hinaustreten auf die Straße hören wir das Dröhnen einer Rakete. Schnell laufen wir zurück in die Unterkunft. Als sich die Situation beruhigt, starten wir erneut. Zusammen mit den beiden Männern aus Brasilien fahre ich mit dem Taxi bis zum Check Point. Eine Metallrampe riegelt die Straße ab. Der Taxifahrer entlässt uns aus seinem Wagen. Lange stehen wir an der Kreuzung, zusammen mit den jungen Männern aus Griechenland und einem Ehepaar aus Indien, und warten auf den Bus. In der Zwischenzeit erscheint eine junge Frau. Sie bietet einen Fahrdienst nach Jerusalem an. Ihre Mutter kommt mit ihrem Auto dazu und ehe wir uns versehen sitzen wir in PKW s Richtung Jerusalem.

Ich entscheide mich, für eine Nacht ein Zimmer zu mieten. Die anderen fahren weiter mit einem Sherud Taxi über die King Hussein Brücke nach Jordanien, um von Amman aus ihre Rückreise anzutreten. Und dann wieder Raketenalarm. Schnell in die Flip flops und mit dem Aufzug hinunter zur Rezeption. Diese ist menschenleer. Ich drehe mich um und sehe drei Männer vor dem Hotel stehen, ihre Smartphones nach oben gerichtet in der Hoffnung, ein Bild von einer Rakete einfangen zu können. Sprachlos schaue ich herüber. Einer der Männer beruhigt mich, Jerusalem ist eine heilige Stadt, hier passiert nichts. Er ordert heißen Tee und Brot.

Am nächsten Tag erreiche ich per Bus und zu Fuß zu eine Unterkunft n Westjerusalem. Hier bleibe ich bis zu meinem Abflug am Freitag.

Saturday October 28th, 2023
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© 2024 Ute Maria Büenfeld / Schreibe mir