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Der Preßlufthammer arbeitet sich durch das Gestein. Staubwolken entstehen und die Kleidung der Männer, die an der Baustelle arbeiten, ist von einer weißen Staubschicht überzogen. Dann machen sie Pause, schauen auf die vorbeigehenden Passanten, rufen ihnen zu, lachen und beobachten vergnügt das Tteiben, bevor sie sich wieder dem harten Gestein zuwenden. Es wird gehämmert, geklopft, geräumt. Dann der Mörtel angerührt und Steine neu verlegt. Später erfahre ich, dass die Gemeinde anstrebt Mitglied im UNESCO Weltkulturerbe zu werden. Das sind eines meiner ersten Eindrücke. Ich laufe über die Hauptstraße der Altstadt. Hier ist sofort der arabische Einfluß sicht,- und spürbar. Auf großen Blechen liegen Brote, Fladen, und vielerlei Arten von Gebäck vor den Geschäften. Ein süßer Duft von frischgebackenen liegt in der Luft Immer wieder bleibe ich stehen, bestaune die Angebote der Händler.Die zahlreichen Seifengeschäfte fallen mir auf. Seifen werden nach bewährter Handwerkskunst in Mardin gefertigt. Nur mit den besten Ölen und reinen Zutaten gesiedet. Unverpackt liegen sie da, wie dick geschnittene Brotscheiben und bilden eine bunte Farbpalette. Säckeweise stehen Linsen, Kichererbsen, Nüsse jeglicher Art vor den Läden. Kupfergeschirr in allen Varianten baumeln an Seilen und stehen in den Regalen. Handgefertigte Taschen gewebt und in Leder eingefaßt. Hier lebt ursprüngliche und althergebrachte Traditon. Die Häuser der Altstadt leuchten goldgelb in der Sonne. Wie gefallene Würfel stehen sie am Hang. Die Gassen der Altstadt sind unergründlich. Immer höher führen sie hinauf zu dem Berg. Ich laufe treppauf und treppab, die Stufen hoch und auf der anderen Seite wieder hinunter. Und immer wieder entdecke ich neue kleine Wege. Die Häuser wirken verschlossen, öffnet sich die Hautür, fällt der Blick vorerst in die Dunkelheit. Fenster sind kaum eingelassen in dem dicken Mauerwerk. So bieten sie im Sommer einen guten Schutz vor der Hitze und im Winter gilt es, die Wärme in den Wänden zu bewahren.

Dann stehe ich vor einem der schönsten historischen Gebäude der Altstadt, dem Zincirye Madrasa. 1385 von Melik Necmeddin Isa bin Muzaffer Davud bin El Melik Salih erbaut, der letzte Sultan aus der Artuqid Dynastie, die in Mardin regierte. Ein zweigeschossiger Innenhof, eine Moschee, ein Grabmal sowie 2 große Kuppeln, die ich aus der Nähe von der Dachterasse aus bestaune.

Am Nachmittag öfnet die syrisch- orthodoxe Kirche ihre Pforten und direkt befinde ich mich im sonnigen Innenhof. Ein junger Mann, Alexander sitzt auf der Bank und erklärt und übersetzt für interessierte Menschen die Geschichte der Kirche. Mit ihm verbringe ich später den Rest des Tages. Die Kirche entstand 300 Jahre n. Christus. Seine Lehre wurde aufgenommen, weitergetragen und in die für die Menschen der damaligen Zeit entsprechende Form gebracht. In Mardin leben Christen, Kurden, Aramäer, Muslime mittlerweile friedlich miteinander. Es gibt eine sehr lange und blutige Geschichte der Verfolgung von Minderheiten wie die Christen, die Aramäer und Kurden in dieser Region. Viele wanderten aus nach Westeuropa. Dennoch gelang es der syrisch orthodoxen Gemeinde, sich zu behaupten und unweit von Mardin residiert der Bischof.

Mit dem Taxi fahren wir in das 7 Kilometer entfernte syrisch-orthodoxe Kloster Zafaran ( der Name ist aramäisch) Die Ursprünge gehen in das 5. Jahrhundert n.Chr. zurück, die spätantike Bauornamentik ist noch gut erkennbar. Heute ist es Sitz des Bischofs von Mardin, dem ich wenig später die Hand schüttele. Er ist häufig in NRW in Warburg, so erfahre ich und seine Schlusswort unseres Gespräches lauten: "wir müssen näher aneinanderrücken. " Nachdem wir die freigegebenen Räume besichtigt haben, stehen wir im Untergeschoss in einem niedrigen Raum von wenigen Metern Höhe. Es ist der älteste Teil des Kloster, ein vor 2000 Jahre v.Chr. entstandener Tempel. Die Asyrer beteten den Sonnengott Samas an. In der Wand des kleinen Tempels befindet sich eine nach Osten gerichtete Öffnung. Hier wurde zu Sonnenaufgang die Sonne angebetet. Mit Alexander schlendere ich später noch durch die Gassen der Altstadt. I

Zurück im Hotel wird eifrig der Tisch gedeckt von 3 jungen Männern. Sie sind dabei, ihr Abendessen vorzubereiten. Pünktlich um 19 Uhr erklingt der Ruf des Muezzin und anschliessend noch ein lauter Böllerton. Dies ist das Startzeichen zum Fastenbrechen für die kommende Nacht. Jetzt dürfen die Menschen muslimischen Glaubens Essen und Trinken bis 6 Uhr in der Früh. Dann wird tagsüber wieder gefastet. Als alles orbereitet ist, laden sie mich ein, mitzuessen. So nehme ich Anteil an diesem Abend an der Tradition und obwohl ich vorher schon gegessen habe, sage ich zu und erfreue mich an dem gemeinsamen Mahl. Ein Blech gefüllt mit Kartoffeln, kleinen Hackfleischbällchen und Tomaten wird in die MItte gestellt. Alles schwimmt im Fett. Reis und Fleisch in Weinblätter gewickelt, Fladenbrot, Zwiebeln, Salat und selbstgemachte Zitronenlimonade ergänzen das Essen. Es herrscht hingebungsvolles Schweigen während der Mahlzeit, Dann ist es genug für alle und ich bedanke mich für die freundliche Einladung.

Mit vielen Eindrücke, die ich hier gar nicht alle wiedergeben kann, gehe ich dankbar zu Bett,

Saturday April 8th, 2023
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© 2024 Ute Maria Büenfeld / Schreibe mir